Psychische Erkrankungen als Herausforderung im Betrieblichen Kontext
Die Arbeitswelt steht vor einer wachsenden Herausforderung: Psychische Erkrankungen nehmen seit Jahren zu und führen zu hohen Fehlzeiten. Der DAK-Psychreport 2024 liefert hierzu alarmierende Zahlen: Psychisch bedingte Fehltage stiegen auf 342 Tage je 100 Beschäftigte – im Vorjahr waren es noch 323. Das entspricht einem Anstieg um rund 6 %. Besonders gravierend: Allein Depressionen verursachten 183 Fehltage pro 100 Mitarbeitende. Besonders betroffen ist das Gesundheits- und Sozialwesen: im Kita-Bereich 586 und in der Altenpflege 573 psychisch bedingte Fehltage.
Diese Entwicklung bindet nicht nur erhebliche personelle Ressourcen, sondern hat auch spürbare wirtschaftliche Konsequenzen für Unternehmen. Personalverantwortliche und Geschäftsleitungen sehen sich zunehmend mit der Frage konfrontiert, wie sie dieser Entwicklung professionell, rechtssicher und wirtschaftlich effizient begegnen können.

Warum die Kennzahl „Fehltage je 100 Beschäftigte“ so entscheidend ist
Um das Ausmaß psychischer Erkrankungen zu verstehen und fundierte Entscheidungen zu treffen, braucht es vergleichbare und aussagekräftige Kennzahlen. Die Berechnung von Fehltagen je 100 Beschäftigte ist in diesem Zusammenhang besonders hilfreich – aus mehreren Gründen:
Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen und Branchen
Ein Unternehmen mit 50 Mitarbeitenden hat naturgemäß eine andere absolute Anzahl an Fehltagen als ein Konzern mit 5.000 Angestellten. Die normierte Kennzahl erlaubt einen Vergleich auf Augenhöhe, unabhängig von der Unternehmensgröße. Sie zeigt, wie stark ein Unternehmen oder eine Branche im Verhältnis betroffen ist.
Darstellung von Trends und Entwicklungen
Durch die Zeitreihen-Darstellung lassen sich Entwicklungen konkret nachvollziehen:
- 2023: 323 psychisch bedingte Fehltage je 100 Beschäftigte
- 2024: 342 psychisch bedingte Fehltage je 100 Beschäftigte
Diese Entwicklung bedeutet: Die Zahl der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeitstage steigt kontinuierlich an – mit erheblichen Auswirkungen auf Produktivität und Teamstruktur.
Anschlussfähigkeit an statistische Standards
Die Bezugsgröße ist anschlussfähig an die Datensysteme der gesetzlichen Krankenkassen, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie des Statistischen Bundesamts. Dies erleichtert HR-Verantwortlichen und Geschäftsführungen die Vergleichbarkeit und Argumentation gegenüber Stakeholdern.
Planung und Kostenabschätzung für Unternehmen
Ein einfaches Rechenbeispiel:
Bei 342 Fehltagen je 100 Beschäftigte ergibt sich für ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitenden:
500 / 100 = 5 → 5 × 342 = 1.710 psychisch bedingte Fehltage/Jahr.
Das entspricht:
- ca. 7 Vollzeitstellen pro Jahr, die faktisch ausfallen
- durchschnittlich 3,4 Fehltage pro Beschäftigten allein aufgrund psychischer Ursachen
Folgekosten durch Produktionsausfall, Vertretung, Wiedereingliederung und mögliche Kündigungsrisiken kommen hinzu.
Die betriebswirtschaftliche Dimension psychischer Erkrankungen
Fehlzeiten kosten – und zwar viel
Psychische Erkrankungen zählen zu den teuersten Krankheitsbildern im betrieblichen Kontext. Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) beliefen sich die durchschnittlichen Kosten allein durch den Produktionsausfall je AU-Tag im Jahr 2021 auf 128 Euro. Bei 1.710 psychisch bedingten Fehltagen pro Jahr in einem 500-Personen-Unternehmen bedeutet das:
1.710 Tage × 128 EUR = 218.880 EUR Kosten
Dazu kommen:
- Fluktuationskosten bei Kündigungen oder internen Versetzungen
- Verlust von Erfahrungswissen
- Zeitaufwand für interne Fallsteuerung ohne belastbare Struktur
Auswirkungen auf Teamklima und Führung
Fehlzeiten einzelner Mitarbeitender belasten Teams. Aufgaben müssen umverteilt, Projekte verzögert, Belastungen kompensiert werden. Führungskräfte stehen unter Druck, ohne klare Handlungslinien zu agieren – ein Nährboden für Unsicherheit, Überforderung und weitere psychische Belastungen im Team.

Professionelles BEM als Lösung – rechtssicher, effizient und wirksam
Die Herausforderung ist groß – doch es gibt tragfähige Lösungen. Ein strukturiertes, rechtssicheres und gut gesteuertes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) reduziert Ausfallzeiten und verhindert Rückfälle.
Frühzeitige Interventionen
Je früher ein BEM initiiert wird, desto besser. Gerade bei psychischen Erkrankungen wirken frühe Maßnahmen präventiv:
- zeitnahe Klärungsgespräche
- Lotsenfunktion zu geeigneten Fachstellen
- Entlastung durch externe Moderation
Unterstützung für betroffene Mitarbeitende
BEM ist mehr als ein Formalverfahren. Es bietet Halt, Orientierung und konkrete Hilfe für psychisch belastete Mitarbeitende:
- Zugang zu spezialisierten Therapien
- flexible Anpassung der Arbeitsbedingungen
- psychosoziale Unterstützung durch externe Berater
Handlungssicherheit für HR und Führungskräfte
Ein rechtlich korrekt strukturiertes BEM entlastet Personalabteilungen und Führungskräfte:
- rechtssichere Dokumentation
- Risikominimierung gegenüber dem Kündigungsschutzrecht
- klarer Prozessablauf mit definierten Rollen
Strategien für Unternehmen – jetzt handeln statt später reagieren
Unternehmen haben heute die Wahl: Passiv auf steigende Fehlzeiten reagieren – oder proaktiv wirksame Strukturen aufbauen. Die folgenden Maßnahmen sind besonders empfehlenswert:
BEM-Inhouse-Seminare zu psychischen Erkrankungen
Betriebliche Fallverantwortliche, HR und Führungskräfte müssen Handlungssicherheit gewinnen. Inhouse-Seminare bieten:
- arbeitsrechtliche Grundlagen
- psychologische Besonderheiten
- Gesprächsführung und lösungsorientierte Steuerung
Strukturierte BEM-Prozesse aufbauen
Viele BEM-Verfahren scheitern an unklaren Abläufen. Wer professionell strukturiert, gewinnt:
- standardisierte Verfahren
- klare Zuständigkeiten
- verlässliche Evaluation
Externe BEM-Beratung nutzen
Nicht jedes Unternehmen kann alle Kompetenzen intern abdecken. Externe BEM-Beratung bietet:
- Fachwissen im Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsrecht
- Erfahrung mit schwierigen psychischen Fallkonstellationen
- Entlastung durch Moderation und Steuerung
Ziel: nachhaltige Rückkehr statt teurer Rückfälle
Ein gutes BEM ist kein Selbstzweck. Es zahlt sich aus – durch:
- reduzierte Fehlzeiten
- höhere Mitarbeitendenbindung
- gesicherte Fachkräfteverfügbarkeit
- Schutz vor Haftungsrisiken bei fehlerhafter BEM-Durchführung

Fazit: Professionelles BEM ist wirtschaftlich geboten
Psychische Erkrankungen verursachen nicht nur individuelles Leid, sondern auch erhebliche betriebswirtschaftliche Verluste. Die Zahlen des DAK-Psychreports 2024 machen dies eindrücklich deutlich. Unternehmen, die heute ein strukturiertes, rechtssicheres und zielgerichtetes BEM etablieren, profitieren langfristig – personell, organisatorisch und wirtschaftlich.
Wer psychisch belastete Mitarbeitende professionell unterstützt, reduziert nicht nur Kosten, sondern schafft eine resiliente und zukunftsfähige Arbeitskultur.
Über den Autor
Manfred Baumert ist MBA, Betriebswirt, Pädagoge, zertifizierter Case-Manager und BEM-Berater. Ausgebildet in personenzentrierter Gesprächsführung nach C. R. Rogers und mehrjährig tätig in der Krisenintervention.
Mit interdisziplinärer Qualifikation in Betriebswirtschaft, Sozialwesen und Personaldiagnostik begleitet er Unternehmen beim Aufbau rechtskonformer und praxisnaher BEM-Prozesse – passgenau für betriebliche Strukturen jeglicher Branchen und Unternehmensgrößen. So werden wirtschaftliche, juristische und psychologische Perspektiven miteinander verbunden.
Sein Fokus liegt auf lösungsorientierten, tragfähigen Maßnahmen, die gleichermaßen die Bedürfnisse der Beschäftigten wie die unternehmerischen Anforderungen berücksichtigen.
Das Ziel: mit nachhaltiger Wiedereingliederung statt formaler Verfahren den Fachkräfteverlust stoppen und einen konkreten Beitrag gegen den Fachkräftemangel leisten.
Quellen:
https://www.dak.de/presse/bundesthemen/umfragen-studien/psychische-erkrankungen-in-der-arbeitswelt-2024-verursachten-depressionen-erneut-die-meisten-fehltage_131626
https://blog.lapid.de/welche-kosten-verursacht-ein-au-tag?utm_source=chatgpt.com
FAQ: Psychische Erkrankungen und Fehlzeiten – die häufigsten Fragen
200 / 100 = 2 × 342 = 684 Fehltage jährlich.
Gerade bei psychischen Erkrankungen bietet das BEM eine strukturierte und rechtssichere Grundlage, um den oft komplexen Wiedereinstieg in den Beruf professionell zu begleiten. Es ermöglicht nicht nur die individuelle Rückkehrplanung, sondern schafft auch Raum für sensible, passgenaue Maßnahmen – z. B. angepasste Arbeitsbedingungen oder koordinierte Unterstützungsangebote.
Ein häufiger Einwand aus der Praxis lautet: „Psychische Erkrankungen sind doch Privatsache – was kann ich als Arbeitgeber schon tun?“
Arbeitsrechtlich gilt: Es ist für das Angebot eines BEM unerheblich, ob die Erkrankung privat oder beruflich bedingt ist. Das Unternehmen ist zum BEM verpflichtet. Genau hier setzt das rechtlich konforme und professionelle BEM an: Es geht nicht um medizinische Diagnosen, sondern um arbeitsbezogene Lösungen, die rechtlich zulässig und praktisch umsetzbar sind. Mit qualifizierter Steuerung – etwa durch externe BEM-Beratung – lassen sich auch komplexe Fallverläufe sozialverträglich und wirtschaftlich gestalten.
Fazit: Das BEM ist kein juristisches Pflichtprogramm, es ist individuell passend umzusetzen und ein strategisches Führungsinstrument. Wer es professionell nutzt, stärkt die Bindung, reduziert Rückfälle und minimiert Kündigungsrisiken.
Nein. Eine Kündigung wegen einer psychischen Erkrankung ist nur unter sehr engen arbeitsrechtlichen Voraussetzungen überhaupt denkbar. Voraussetzung ist stets, dass der Arbeitgeber zuvor nachweislich alle milderen Mittel geprüft und ein ordnungsgemäßes BEM-Verfahren durchgeführt hat. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist dabei laut Bundesarbeitsgericht (BAG) ausdrücklich ein ergebnisoffener Suchprozess – kein formaler Pflichtakt, sondern ein individueller Klärungsweg zur Vermeidung von Kündigungen (vgl. BAG, Urt. v. 18. November 2021 – 2 AZR 138/21 – Rn. 28).
Ein häufiger Praxis-Einwand lautet: „Aber wenn jemand dauerhaft ausfällt, muss ich doch handeln dürfen?“
Das stimmt – aber nur, wenn vorher ein dokumentiertes, professionell durchgeführtes BEM stattgefunden hat. Andernfalls besteht das Risiko einer unwirksamen Kündigung, verbunden mit Prozesskosten, Reputationsschäden und Wiedereinstellungspflichten.
Empfehlung: Unternehmen sollten sich bei psychisch bedingten Fehlzeiten nicht vorschnell auf das Thema Kündigung fokussieren, sondern auf ein rechtssicheres, lösungsorientiertes BEM setzen – idealerweise begleitet durch erfahrene externe BEM-Beratung.
Wer intern für ein professionelles BEM werben möchte – sei es in Richtung Geschäftsleitung, Controlling oder Führungskräfte – sollte die Sprache der Wirtschaftlichkeit und Risikominimierung sprechen. Drei Faktoren überzeugen erfahrungsgemäß besonders wirkungsvoll:
- Fehlzeitenkosten:
Psychisch bedingte Fehlzeiten verursachen schnell hohe fünfstellige Summen pro Jahr – allein durch Produktionsausfälle, Vertretung und Koordination. Ein strukturiertes BEM senkt diese Kosten nachweislich, indem Rückfälle vermieden und Rückkehrprozesse beschleunigt werden. - Risikominimierung bei Kündigungen:
Das BEM schützt Arbeitgeber rechtlich. Unternehmen, die kein oder ein fehlerhaftes BEM durchführen, riskieren Kündigungsschutzprozesse mit schlechten Erfolgsaussichten – gerade bei psychischen Erkrankungen. Geschäftsleitungen schätzen hier juristisch belastbare Verfahren. - Fachkräftesicherung und demografischer Wandel:
In Zeiten knapper Personalressourcen und alternder Belegschaften wird das BEM zu einem strategischen Werkzeug: Wertschöpfung sichern statt verlieren, Mitarbeitende binden statt ersetzen. Das gilt besonders für erfahrene Kräfte mit Wissenstransfer-Potenzial.
Ein häufiger Einwand aus der Praxis: „Das klingt sinnvoll, aber wir haben weder die Zeit noch das Know-how.“
Hier lohnt sich der Verweis auf externe BEM-Beratung, die Unternehmen entlastet und gleichzeitig Qualität, Neutralität und Datenschutz sicherstellt – besonders in psychisch belasteten Fällen.
Fazit: Wer intern überzeugen will, stellt das BEM nicht als Fürsorgeinstrument, sondern als wirtschaftlich gebotenes Steuerungs- und Führungsinstrument dar.
Ein wirksames BEM steht und fällt mit der Kompetenz der internen Akteure – insbesondere bei psychischen Erkrankungen. Doch viele HR-Verantwortliche, BEM-Beauftragte und Führungskräfte fühlen sich in der Praxis unsicher: „Was darf ich fragen? Was muss ich dokumentieren? Wie gehe ich mit sensiblen Fällen um?“
Hier helfen gezielte Qualifizierungsstrategien – abgestimmt auf den konkreten Bedarf im Unternehmen:
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BEM-Online-Seminare
➤ Ideal für erste Grundlagen oder Auffrischung: zeit- und kosteneffizient, ortsunabhängig, direkt umsetzbar. -
BEM Inhouse-Seminare
➤ Für Unternehmen, die spezifische Herausforderungen bearbeiten möchten: individuell zugeschnitten, direkt vor Ort, mit direktem Bezug zur eigenen Struktur. -
BEM-Beratung & kollegiale Fallberatung
➤ Für komplexe Fälle (z. B. psychische Erkrankungen, Mehrfachproblematiken): strukturiert moderierte Beratung mit externer Expertise, auf Wunsch auch online. -
Fallbezogenes BEM-Coaching und Supervision
➤ Besonders hilfreich bei psychisch belasteten Verfahren oder Unsicherheiten im Gesprächsverlauf – für einzelne Fallverantwortliche oder ganze Teams.
Ein häufiger Einwand lautet: „Wir haben keine Zeit für langwierige Schulungsformate.“
Genau deshalb ist eine modulare Weiterbildung sinnvoll, die flexibel, praxisnah und zielgruppengerecht gestaltet ist – z. B. mit Präsenzimpulsen plus Online-Nachbereitung.
Hinweis: Die 2benefit GmbH mit Sitz in Kassel ist ein bundesweit tätiger Komplettanbieter im Bereich Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) und Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – mit passgenauen Lösungen für Unternehmen jeder Größe.
Weitere Informationen: Produkte – 2benefit BEM