Datenschutz im BEM: Wie Unternehmen rechtssichere und vertrauensvolle Eingliederungsprozesse gestalten

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Die Umsetzung datenschutzkonformer BEM-Verfahren ist für HR-Leitungen, Personalreferent*innen, BEM-Beauftragte, BEM-Berater, Compliance Manager und betriebliche Gesundheitsakteure mehr als eine rechtliche Formalie: Sie ist ein zentrales Instrument zur Stärkung von Vertrauen, Rechtskonformität und nachhaltiger Wiedereingliederung.

Datenschutz im BEM: zwischen Pflicht und Vertrauensgarant

Mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, arbeitsunfähige Beschäftigte nachhaltig in den Arbeitsprozess zu integrieren. Die datenschutzrechtlichen Anforderungen gemäß DSGVO, BDSG im BEM-Verfahren nach § 167 Abs. 2 SGB IX sind dabei hoch. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass Gesundheitsdaten ausschließlich auf Grundlage einer freiwilligen, informierten und widerruflichen Einwilligung verarbeitet werden. Diese muss dokumentiert und jederzeit nachvollziehbar sein. Verstöße gegen diese Anforderungen können nicht nur Ordnungsgelder und Haftungsrisiken nach sich ziehen, sondern untergraben auch die Akzeptanz des gesamten BEM-Prozesses.

Warum der Datenschutz im BEM-Verfahren mehr als ein Formalismus ist

Der hohe Datenschutzstandard dient dem Schutz der BEM-Teilnehmenden. Die Intimsphäre, die im Rahmen von Gesprächen zu Krankheitsursachen oder psychosozialen Belastungen berührt wird, bedarf einer besonderen Sensibilität. Jegliche Informationen dürfen ausschließlich zur Zielerreichung des BEM und nicht zu arbeitsvertraglichen Zwecken oder zu Lasten der Betroffenen verwendet werden. Die Grundsätze der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) und der Zweckbindung (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO) verlangen, dass nur die für das jeweilige BEM-Ziel erforderlichen Daten erhoben und ausschließlich zu diesem Zweck verarbeitet werden. Die BEM-Akte ist strikt von der Personalakte zu trennen – räumlich, physisch und elektronisch. Zugänge müssen dokumentiert, Berechtigungen eindeutig geregelt und alle Schritte datenschutzkonform gestaltet sein. Der BEM-Nehmer muss jederzeit Einsicht in seine BEM-Akte nehmen können, und es muss sichergestellt werden, dass die Daten auf Wunsch vollständig gelöscht oder ausgehändigt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist ein BEM-Angebot dann nicht ordnungsgemäß, wenn die betroffene Person nicht umfassend darüber informiert wurde, welche personenbezogenen Daten zu welchem Zweck verarbeitet werden. In seinem Urteil vom 20.11.2014 (2 AZR 755/13) stellt das BAG klar, dass ein Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Transparenzpflichten zur Unwirksamkeit des gesamten BEM führen kann. Die daraus resultierende Folge kann die Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung sein, wenn dem Arbeitnehmer kein ordnungsgemäßes BEM angeboten wurde.

Mehrstufige Verfahren und stufenweise Freigabe als datenschutzrechtlicher Standard

In der Praxis hat sich die stufenweise Freigabe personenbezogener Daten bewährt. Diese erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren, bei dem jede Weitergabe ausdrücklich durch den Betroffenen genehmigt werden muss. Dies betrifft insbesondere Informationen wie ärztliche Diagnosen oder psychosoziale Problemlagen. Hierbei ist zu beachten, dass eine pauschale Weitergabe von Gesundheitsdaten unzulässig ist. Die schrittweise Offenlegung stellt sicher, dass nur die Informationen verarbeitet werden, die zur konkreten Lösung des Falls notwendig sind. Gemäß § 3a BDSG dürfen nur solche Daten erhoben werden, die für die Erreichung des BEM-Ziels erforderlich sind (Datenminimierung, Datensparsamkeit).

Datensicherheit konkret: Akten, IT-Systeme und hybride Modelle

Ob analog oder digital – die sichere Aufbewahrung der Daten muss in jedem Fall gewährleistet sein. Analoge Daten gehören in abschließbare Schränke mit Zugriffsrechten nur für befugte Personen. Digitale Daten müssen verschlüsselt gespeichert und über ein gesondertes, nur für autorisierte BEM-Fachkräfte zugängliches Laufwerk verwaltet werden. Hybride Lösungen können funktionieren, wenn sie sauber dokumentiert und technisch abgesichert sind. Datenschutzkonzepte sollten darüber hinaus alle Zugriffsrechte, Speicherorte, Verschwiegenheitspflichten und Löschfristen klar regeln. In Fällen von Langzeiterkrankungen oder wiederholten Erkrankungen kann es sinnvoll sein, bestimmte Daten zur Initiierung eines BEM-Prozesses gemäß § 4d Abs. 5 BDSG vorzuhalten. Der BEM-Nehmer hat dabei jederzeit das Recht auf Einsichtnahme.

Wann müssen BEM-Akten gelöscht werden?

Die Aufbewahrung und Löschung von Unterlagen aus dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf – insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und Zweckbindung. Die rechtlichen Vorgaben hierzu sind nicht abschließend geregelt, doch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geben klare Leitplanken vor.

Wie lange dürfen BEM-Akten aufbewahrt werden?

Die Aufbewahrungsdauer von Unterlagen aus dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Sie orientiert sich jedoch am datenschutzrechtlichen Grundsatz der Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO. Demnach dürfen personenbezogene Daten nur so lange gespeichert werden, wie es für den Zweck ihrer Verarbeitung erforderlich ist. In der Praxis hat sich bei durchgeführten BEM-Verfahren etabliert, dass die BEM-Akte nach Abschluss des Verfahrens häufig für bis zu drei Jahre aufbewahrt wird. Diese Frist orientiert sich an der regelmäßigen Verjährungsfrist für arbeitsrechtliche Ansprüche nach § 195 BGB. Sie soll es dem Unternehmen ermöglichen, im Fall von Folgeerkrankungen oder arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auf die Unterlagen zurückzugreifen. Doch ist diese betriebliche Praxis mit der Zweckbindung der Datenverarbeitung nach den datenschutzrechtlichen Grundsätzen der DSGVO tatsächlich vereinbar?

BEM abgelehnt oder Einwilligung widerrufen: sofortige Löschung erforderlich

Wird das BEM-Verfahren vom Beschäftigten abgelehnt oder die Einwilligung widerrufen, ist eine weitere Speicherung unzulässig. In diesen Fällen sollte die BEM-Akte unverzüglich gelöscht werden. In der Personalakte verbleiben lediglich die erforderlichen Nachweise über das ordnungsgemäße Angebot des BEM-Verfahrens, nicht jedoch Inhalte oder Ergebnisse des nicht durchgeführten BEM.

Dürfen alte BEM-Akten für spätere Verfahren oder Rechtsstreitigkeiten verwendet werden?

Bei der häufig praktizierten Aufbewahrung von BEM-Akten über mehrere Jahre hinweg stellt sich aus datenschutzrechtlicher Sicht die Frage, ob damit der Grundsatz der Zweckbindung tatsächlich eingehalten wird. Denn personenbezogene Gesundheitsdaten aus dem BEM dürfen ausschließlich für das jeweilige Verfahren verwendet werden – eine Nutzung zu anderen Zwecken, etwa im Rahmen späterer arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen, ist datenschutzrechtlich nicht zulässig.

Auch für ein neues BEM-Verfahren bei „eventuellen Folgeerkrankungen“ ist die alte BEM-Akte in der Regel irrelevant. Denn: Sobald innerhalb von zwölf Monaten erneut sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit erreicht sind, beginnt ein neues BEM-Verfahren. Frühere Dokumentationen sind hierfür weder erforderlich noch rechtlich vorgesehen.

Zudem erscheint fraglich, ob mehrere Jahre zurückliegende Gesundheitsdaten überhaupt Rückschlüsse auf eine aktuelle Erkrankung zulassen. Kommt es zu einem neuen BEM, kann die betroffene Person von sich aus mitteilen, welche BEM-Maßnahmen sich in der Vergangenheit als hilfreich oder nicht zielführend erwiesen haben – ein Zugriff auf archivierte Unterlagen ist dafür nicht notwendig.

Was spricht für die Übergabe oder Vernichtung der BEM-Akte?

Aus datenschutzrechtlicher Sicht spricht vieles dafür, die BEM-Akte nach Abschluss des Verfahrens entweder vollständig an die betroffene Person zu übergeben oder sie datenschutzkonform zu vernichten. So wird der Zweckbindung gemäß § 26 BDSG konsequent Rechnung getragen, und das Vertrauen in ein vertrauliches, rechtssicheres BEM wird gestärkt. Einige Unternehmen handhaben dies bereits in der Praxis so und vermeiden damit unnötige datenschutzrechtliche Risiken.

Datenschutzkonformes BEM: Unternehmen sollten ihre Praxis überprüfen

Ein rechtssicheres Betriebliches Eingliederungsmanagement erfordert nicht nur strukturierte und dokumentierte Abläufe, sondern auch klare Regelungen zum Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten nach Abschluss des Verfahrens. Unternehmen sollten ihre BEM-Praxis in diesem Punkt kritisch überprüfen und an die geltenden datenschutzrechtlichen Anforderungen anpassen – insbesondere mit Blick auf Löschung, Archivierung oder Übergabe der BEM-Akten.

Verschwiegenheitspflicht und BEM-Akte

Alle Mitglieder des BEM-Teams müssen eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Diese gilt sowohl für interne Akteure als auch für externe Dienstleister. Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung und Betriebsarzt unterliegen aufgrund ihrer Funktion bereits einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht. Nehmen sie daher in dieser Rolle am BEM teil, ist eine gesonderte Schweigepflichterklärung nicht erforderlich. Die BEM-Akte ist von der Personalakte getrennt zu führen und enthält alle für den Fall relevanten Dokumente. Informationen an die Personalabteilung beschränken sich auf formale Eckdaten wie Beginn, Unterbrechung oder Abschluss des Verfahrens – niemals jedoch auf Diagnosen oder persönliche Angaben.

Rechtssicherheit als Erfolgsfaktor im BEM

Ein professionell geführtes BEM-Verfahren scheitert nicht an formalen Dokumenten, sondern an Vertrauensdefiziten. Wird der Datenschutz verletzt oder bleibt unklar geregelt, entstehen Einwände gegen das Verfahren. Für Unternehmen bedeutet das nicht nur juristische Risiken, sondern auch eine sinkende Teilnahmequote. Gerade HR-Verantwortliche sollten daher datenschutzrechtliche Standards nicht als Bürokratie begreifen, sondern als strategische Voraussetzung für erfolgreiche Eingliederung. Hier lohnt sich externe Expertise: Professionelle BEM-Berater unterstützen nicht nur bei schwierigen Fallkonstellationen, sondern sorgen auch für die datenschutzkonforme Prozessgestaltung.

Impuls für Entscheider: Interne Qualifizierung als Baustein nachhaltiger BEM-Strategie

Wer interne Kompetenzen zur datenschutzgerechten Durchführung des BEM aufbauen will, kommt an einer fundierten Qualifizierung nicht vorbei. Eine BEM Ausbildung mit Fokus auf den BEM Prozess und Ablauf, etwa als Schulung für BEM Beauftragte oder BEM Berater Weiterbildung, kann dazu beitragen, sowohl Rechtssicherheit als auch Handlungssicherheit zu gewährleisten. Unternehmen, die hier frühzeitig in Know-how investieren, stärken ihre Resilienz gegen arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen und sichern die Wirksamkeit ihres BEM langfristig.

Fazit

Datenschutz im BEM ist mehr als ein rechtliches Muss. Er ist die Basis für Vertrauen, Wirksamkeit und strategische Personalbindung. Unternehmen, die diesen sensiblen Bereich professionell und vorausschauend gestalten, schaffen nicht nur rechtssichere Strukturen, sondern auch eine Kultur der Wertschätzung im Umgang mit Gesundheit und Arbeitsfähigkeit.

 

Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten rechtlichen Fragen empfehlen wir die Konsultation einer fachkundigen Rechtsberatung.

 

 

2benefit GmbH Kassel – Wirkungsvolles BEM für HR: Klar im Prozess, stark in der Lösung!

Externes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) – deutschlandweit & individuell

Die 2benefit GmbH mit Sitz in Kassel bietet Unternehmen in ganz Deutschland ein vollständiges externes BEM-Verfahren an – inklusive strukturierter BEM-Gespräche, individueller Maßnahmenplanung und professioneller Umsetzungsberatung. Wir begleiten Arbeitgeber durch alle Phasen des betrieblichen Eingliederungsmanagements und entlasten damit interne Ressourcen nachhaltig.

Unser externer BEM-Service richtet sich sowohl an Organisationen mit etabliertem betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) als auch an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die (noch) kein eigenes BGM aufgebaut haben. Ob berufliche Wiedereingliederung, Reintegration oder gezielte Maßnahmen zur Reduktion von Fehlzeiten – wir gestalten externe BEM-Prozesse effizient, individuell und praxistauglich.

Unsere externen BEM Dienstleistungen im Überblick:

  • Komplettes externes BEM-Verfahren für Unternehmen aller Branchen
  • Professionelle BEM-Gespräche durch erfahrene BEM-Beraterinnen und Berater
  • Spezialisiertes BEM bei psychischen Erkrankungen: BEMpsy
  • Externes BEM für langzeiterkrankte Führungskräfte
  • Maßnahmeplanung und Umsetzungsberatung
  • Unterstützung bei der beruflichen Rehabilitation und Reintegration
  • Nachhaltige Beiträge zu Mitarbeiterbindung, Fachkräftesicherung und Reduktion von Fehlzeiten

BEM bundesweit verfügbar – regional verwurzelt

Unser Firmensitz in Kassel liegt zentral in Deutschland. Von hier aus begleiten wir Unternehmen deutschlandweit – mit besonderem Fokus auf:

  • Nord- und Mittelhessen (Kassel, Landkreis Kassel, Schwalm-Eder-Kreis, Werra-Meißner-Kreis, Waldeck-Frankenberg, Hersfeld-Rotenburg, Marburg-Biedenkopf, Gießen, Darmstadt)
  • Südniedersachsen (z. B. Göttingen)
  • Hochsauerlandkreis (z. B. Marsberg, Brilon, Winterberg)
  • sowie den Städten Bad Hersfeld, Melsungen, Korbach, Baunatal, Niestetal, Fulda

Darüber hinaus bieten wir unsere BEM-Dienstleistungen auch in der Metropolregion Hannover und im Raum Frankfurt am Main an: flexibel, mobil und abgestimmt auf Ihre Unternehmensrealität.

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Portrait: Manfred Baumert

Autor
Manfred Baumert
Personaldiagnostik
Trainer & Recruiter

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Portrait: Manfred Baumert

Manfred Baumert
Personaldiagnostik
Trainer, Recruiter, BEM-Berater & Case Manager

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In Zeiten steigender Belastungen am Arbeitsplatz ist ein effektives Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) entscheidend. Seine langjährigen Erfahrungen in der eignungsdiagnostischen Personalauswahl, als Trainer und Berater für Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) unterstützt Unternehmen dabei, Mitarbeitende nach Erkrankungen erfolgreich zu reintegrieren und somit wertvolle Kompetenzen im Unternehmen zu halten.

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