Psychische Erkrankungen zählen zu den häufigsten Ursachen für lange Fehlzeiten – und stellen Betriebe vor komplexe Herausforderungen im Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM).
Laut DAK-Psychreport 2024 haben sich die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten zehn Jahren um 52 Prozent erhöht. Besonders betroffen sind Berufsgruppen mit hoher psychosozialer Belastung, etwa Erzieher*innen und Pflegekräfte. Der Gesundheitsatlas der BKK (2015) zeigte bereits schon damals: Mit durchschnittlich 72 Tagen je Fall verursachen rezidivierende Depressionen die meisten Ausfalltage.
Diese Entwicklungen erhöhen den Handlungsdruck für Personalverantwortliche, HR, Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) und Betriebsärzte.

Warum Standardlösungen im BEM bei psychischer Erkrankung nicht ausreichen
Ein „BEM-Prozess nach Schema F“ greift bei psychischen Belastungen häufig zu kurz. Die pauschale Empfehlung, sich therapeutische Hilfe zu suchen, wird den Betroffenen nicht gerecht. Was fehlt, ist die systematische Verzahnung medizinischer, psychosozialer und arbeitsplatzbezogener Hilfen.
Etwa 50 % aller Menschen erleben im Laufe ihres Lebens eine psychische Erkrankung, und rund 30–35 % der Hausarztbesuche betreffen Patient*innen mit psychischen Beschwerden. Dennoch werden über 80 % dieser Personen nicht ursächlich behandelt. Viele Betroffene nehmen ihre psychische Erkrankung nicht bewusst wahr und äußern unspezifische körperliche Beschwerden in der Suche nach Hilfe.
Interne BEM-Teams leisten oft gute Arbeit, geraten jedoch bei komplexen Fällen an Grenzen: fehlende Zeit, fehlendes Fachwissen oder mangelnde Kenntnisse über Angebote psychosozialer Dienste.
Gerade in diesen Fällen kann externe BEM-Beratung den Unterschied machen – durch spezialisierte Expertise, Entlastung der HR-Abteilung und das Einbringen eines neutralen Blicks auf die Situation.

Erfolgsfaktor Individualisierung: Was BEM bei psychischer Belastung wirksam macht
Ein wirksames BEM bei psychisch Erkrankten beginnt mit einer sorgfältigen Analyse der individuellen Belastungen. Psychische Erkrankungen entstehen, wenn eine bestimmte Anfälligkeit (Vulnerabilität) auf Stress trifft. Stress allein führt nicht zwingend zur Erkrankung – wohl aber bei hoher individueller Vulnerabilität. Und der Stress kann, muss aber nicht zwingend oder ausschließlich, aus beruflichen Zusammenhängen herrühren.
Stressoren am Arbeitsplatz können etwa Zeitdruck, Konkurrenzdruck, mangelnde Kontrolle oder permanente Erreichbarkeit sein. Verstärkt werden sie durch individuelle Stressverstärker wie Perfektionismus, fehlende Abgrenzungsfähigkeit oder das Bedürfnis, es allen recht zu machen. In der Folge entstehen psychische Beschwerden, die sich u. a. in Übermüdung, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsproblemen oder sozialem Rückzug zeigen.
Ein gelungenes BEM setzt genau hier an: mit individueller Diagnostik, geeigneter Kommunikation, einer aufeinander abgestimmten Interventionskette und konkreter Arbeitsplatzgestaltung. Das Ziel: eine nachhaltige, ressourcenschonende und tragfähige Wiedereingliederung.

Praxisbeispiel: Wie externe BEM-Beratung eine stabile Rückkehr ermöglicht
Ein mittelständisches Unternehmen meldete folgenden Fall: Ein Mitarbeitender kehrte nach monatelanger Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Depression zurück. Die intern geplante Maßnahme: ein BEM-Gespräch mit dem Hinweis, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nach wenigen Wochen war der Mitarbeitende erneut krankgeschrieben.
Dies war der Anlass für das bislang interne betriebliche Eingliederungsmanagement eine externe BEM-Fallberatung einzubeziehen:
- Strukturierte Erhebung der Bedarfe
- Abgestimmter Therapiepfad
- Vermittlung ambulanter psychiatrischer Versorgung
- Organisation von Krisenintervention
- Anpassung des Arbeitsumfelds
- Engmaschige Begleitung des Rückkehrprozesses
Das Ergebnis: Der Mitarbeitende kehrte stabilisiert zurück und ist seither voll einsatzfähig.
Der Unterschied lag in der Tiefe der Analyse, im gezielten Aufbau eines Hilfenetzwerks sowie in der Entlastung der Führungskraft durch die externe Fachberatung.

Externes BEM: Fachwissen, Entlastung und neue Perspektiven
Gerade psychische Erkrankungen benötigen professionelle, niedrigschwellige und empathische Strukturen. Ein externer BEM-Dienstleister bringt nicht nur Expertise, sondern auch Glaubwürdigkeit, Neutralität und Ressourcen mit. Viele Leistungen sind zudem über die Rentenversicherung oder Krankenkassen refinanzierbar. Der oft genannte Einwand „Das ist zu teuer“ lässt sich mit realistischen Vergleichen entkräften: Ein einziger langfristiger Ausfall verursacht im Durchschnitt schnell Kosten im fünfstelligen Bereich.
Für Führungskräfte bedeutet externe BEM-Begleitung zudem Sicherheit:
- Unterstützung bei anstehenden schwierigen Gesprächen
- Fachliche Begleitung
- Reduziertes Risiko arbeitsrechtlicher Konflikte
Warum strukturierte BEM-Prozesse Fachwissen im Team brauchen
Um BEM langfristig wirksam im Unternehmen zu verankern, braucht es Wissen, Haltung und Struktur. Genau hier setzen unsere praxisorientierten BEM-Inhouse-Seminare und BEM Online-Seminare an.
Sie qualifizieren Fach- und Führungskräfte, psychisch herausfordernde Fälle kompetent und rechtssicher zu begleiten. Ein besonders gefragter Baustein ist die Vertiefung des BEM-Prozesses und -Ablaufs im Kontext psychischer Erkrankungen.
Für alle, die vertieft in das Thema einsteigen oder eine koordinierende Rolle im Betrieblichen Eingliederungsmanagement übernehmen wollen, bietet unsere BEM-Ausbildung eine fundierte Grundlage:
- Rechtslage
- Fallsteuerung
- Kommunikation & Krisenintervention
Fazit: Professionelles BEM bei psychischen Erkrankungen sichert Zukunftsfähigkeit
Psychische Erkrankungen sind heute eine der größten Herausforderungen in der Arbeitswelt. Ein professionelles BEM, das die besonderen Bedarfe psychisch erkrankter Mitarbeitender erkennt und individuell begleitet, sichert nicht nur deren Gesundheit und Teilhabe, sondern auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
Wer den BEM-Prozess mit Fachwissen, Empathie und vernetzten Strukturen gestaltet, stärkt die Unternehmenskultur, reduziert Fehlzeiten und schafft langfristige Bindung.