Gleichgültig, ob langzeit- oder wiederholt kurzerkrankte Mitarbeiter durch ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) oder durch ein externes BEM-Verfahren einer externen BEM-Beratung unterstützt werden: die Rechte des Betriebsrats, des Personalrats und auch der Schwerstbehindertenvertretung müssen gewahrt und berücksichtigt werden. Der Erfolg und Ablauf des gesamten BEM-Verfahrens, der Ablauf und Prozess des betrieblichen Eingliederungsmanagements, von der rechtlich korrekten Einladung zum BEM-Erstgespräch bis zur beruflichen Rehabilitation bzw. beruflichen Reintegration und damit erfolgreichen stufenweisen Wiedereingliederung am Arbeitsplatz, kann davon entscheidend abhängen. Dies sollte nicht nur das durchführende Unternehmen berücksichtigen, sondern auch und insbesondere ein ggf. von der Firma des langzeiterkrankten Mitarbeiters beauftragter externer BEM-Fallmanager.
Der neue Beitrag des Blog mit Benefit! widmet sich deshalb – überblicksartig – den Rechten des Betriebsrats.

Betriebliches Eingliederungsmanagement: Die Rechte von Betriebsrat, Personalrat und Schwerbehindertenvertretung
Eines vorweg: Ein BEM ist auch dann verpflichtend, wenn kein Betriebs-/Personalrat bzw. keine Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen vorhanden ist. Die Rechte der Interessenvertretung, sprich des Betriebsrats, Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung, die sich aus § 167 Abs. 2 SGB IX ableiten lassen, betreffen insbesondere die der Klärung, Unterrichtung und Überwachung. Hinzu kommt das Initiativrecht.
BEM und BEM-Verfahren: Initiativrecht der Interessenvertretung nach § 167 Abs. 2 Satz 6 SGB IX
Betriebsrat, Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung verfügen über ein eigenes, wenn auch begrenztes Recht, die Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zu initiieren (Initiativrecht). Diese Einschränkung ergibt sich aus § 167 Absatz 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs IX, da für jeden Einzelfall die Zustimmung des erkrankten Beschäftigten erforderlich ist. Das Initiativrecht, das betriebliche Eingliederungsmanagement für den jeweiligen Einzelfall in Gang zu setzen, kann gerichtlich durchgesetzt werden, sofern der betroffene Arbeitnehmer dem BEM-Verfahren zugestimmt hat. Allerdings besteht seitens der Interessenvertretung keine Möglichkeit, den Arbeitgeber dazu zu zwingen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen.

Unterrichtung und Klärung zu BEM-Maßnahmen nach § 167 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 SGB IX
Die Unterrichtungs- und Klärungsrechte beziehen sich insbesondere und beispielsweise darauf, unter anderem zu klären, ob die Hinzuziehung des Werks- oder Betriebsarztes im konkreten Fall des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) erforderlich ist. Zudem geht es darum zu prüfen, ob der betroffene Beschäftigte vor Beginn des BEM-Verfahrens angemessen über die Ziele des BEM sowie über die Art und den Umfang der erhobenen und verwendeten Daten informiert wurde. Dieser Aspekt ist von besonderer Bedeutung: War dies nicht der Fall, handelt es sich um ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes betriebliches Eingliederungsmanagement. Die Rechtsfolge: Ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes BEM-Verfahren wird wie ein nicht durchgeführtes BEM gewertet. Das bedeutet: Stützt das Unternehmen eine krankheitsbedingte Kündigung auf ein zuvor angeblich nicht erfolgreiches betriebliches Eingliederungsmanagement, ist die Kündigung unwirksam.
Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben ein Unterrichtungs- und Klärungsrecht im BEM-Verfahren
Weitere Unterrichtungs- und Klärungsrechte können darauf adressieren, ob Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht kommen und wenn ja, ob der Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen haben. Aber auch, ob die Rehabilitationsträger oder das Integrationsamt darauf hinwirkten, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und fristgemäß erbracht wurden bzw. werden. Allerdings beinhaltet das Klärungsrecht für die Interessenvertretung nicht eine Entscheidung ob und wie die jeweilige Eingliederungsmaßnahme im BEM-Fallmanagement durchzuführen ist. Der Arbeitgeber ist Herr des Verfahrens, allerdings auch mit allen Konsequenzen.

BEM-Verfahren: Klärungsrecht beinhaltet kein Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrecht
167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schafft die Verpflichtung für ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM), wie es jedoch durchgeführt werden soll nur teilweise (§ 167 Abs. 2 Satz 1 bis 5 SGB IX), so dass ein Regelungsbedarf durch die Beteiligten im Betrieb besteht. Diese Verfahrensoffenheit ist vom Gesetzgeber bewusst gewollt, da er den BEM-Beteiligten jeden erdenklichen Spielraum gibt BEM-Maßnahmen, die geeignet sind zu ergreifen, die der ganz individuellen und spezifischen Situation des erkrankten Mitarbeiters gerecht wird. Denn es geht mitnichten allein um herkömmliche und bekannte Reha-Maßnahmen oder Vorgehensweisen der stufenweisen Wiedereingliederung. Beispielsweise können auch Maßnahmen wie die Hinwendung an eine Suchtberatungsstelle, die Schuldnerberatung und/oder der Familienberatung sein. Manche BEM-Fälle sind komplex und die Ursachen für eine Erkrankung multifaktoriell. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) spricht deshalb von einem „ergebnisoffenen Suchprozess“. War eine BEM-Maßnahme nicht erfolgreich, ist zu überprüfen weshalb, bzw., ob eine andere zielführend sein kann.
Betriebliches Eingliederungsmanagement: Betriebsrat hat ein begrenztes Klärungsrecht
167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sieht eine Beteiligung der Interessenvertretung vor, aber kein Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrecht, so dass lediglich ein begrenztes Klärungsrecht besteht. Vielmehr stellt das Klärungsrecht ein Kontroll- und Initiativrecht dar, um den Arbeitgeber zum Handeln zu veranlassen.
BEM-Verfahren: Rechte des Betriebsrates dienen auch der „Machthemmung“ des Arbeitgebers
Die Rechte des Betriebsrates sollen auch der „Machthemmung“ des Arbeitgebers dienen. Dieser soll gehindert sein, einseitig ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen, wenn Interessensvertretungen im Betrieb bestehen. Der Arbeitgeber darf ein BEM nur gemeinsam mit diesen betreiben, d.h., solange keine generelle Verfahrensordnung (Betriebsvereinbarung, Dienstvereinbarung, Integrationsvereinbarung) besteht, ist für jeden konkreten Einzelfall der Verfahrensablauf mit der Interessenvertretung festzulegen, der Klärungsprozess kleinteilig gemeinsam zu betreiben.

Einschränkungen des Klärungsrechts für den Betriebsrat im Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)
Das Klärungsrecht des Betriebsrats ist beschränkt darauf, eine Klärung im Sinne der Unterrichtung durch den Arbeitgeber verlangen zu können. Inhalt, Zweck, Zeitpunkt, Art und Weise der Durchführung des BEM-Verfahrens kann die Interessensvertretung dem Arbeitgeber im Einzelfall nicht vorschreiben. Die Entscheidung über die Umsetzung liegt beim Arbeitgeber, denn die BEM-Maßnahmen ergeben sich allein aus individualarbeitsrechtlichen Ansprüchen.
Rechtsnormen des Überwachungsrechts für den Betriebsrat BEM-Verfahren
Die Rechtsquellen des Überwachungsrechts für den Betriebsrat ergeben sich aus § 167 und § 178 SGB IX sowie § 80 BetrVG. § 167 Abs. 2 Satz 7 SGB IX konkretisiert für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM), dass Betriebs- und Personalrat und, soweit schwerbehinderte Kranke betroffen sind, außerdem die Schwerbehindertenvertretung, die Einhaltung der Verpflichtungen des Arbeitgebers aus § 167 Abs. 2 SGB IX zu überwachen haben. Eine allgemeine Überwachungspflicht ergibt sich hingegen aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und § 178 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Dabei dient Überwachungsrecht der Rechtskontrolle und berechtigt die Interessenvertretung zu einer umfassenden Unterrichtung durch den Arbeitgeber insbesondere über die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Belegschaft. Das Überwachungsrecht berechtigt jedoch nicht auf Unterlassen beanstandeter Maßnahme des Arbeitgebers, so dass der Betriebsrat einen Unterlassungsantrag nicht auf § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG stützen kann.
Betriebsrat: konkrete Umsetzung des Unterrichtungs- und Klärungsrechts im BEM-Verfahren
Auch, wenn insbesondere im BEM-Verfahren der Datenschutz stark ausgeprägt ist: Informationen zu Daten darüber, welche Mitarbeiter arbeitsunfähig sind, setzt keine Zustimmung des Mitarbeiters voraus und kann sogar gegenüber dem Arbeitgeber eingeklagt werden. Die Aushändigung der Namensliste, die insgesamt länger als sechs Wochen erkrankt sind, hängt nicht vom vorherigen Einverständnis der Beschäftigten ab, datenschutzrechtliche Gründe stehen ebenfalls nicht entgegen, so dass Bundesarbeitsgericht.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Betrieblichen Eingliederungsmanagement
Der Umfang des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG beschränkt sich auf die Aufstellung von gemeinsamen Verfahrensregeln für die Durchführung von Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements, nicht jedoch auf Regelungen zu konkreten BEM-Maßnahmen im einzelnen Fall. Der Arbeitgeber darf die Verfahrensregeln nur mit Zustimmung des Betriebsrates einführen, beteiligt er den Betriebsrat nicht, kann der Betriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung gerichtlich geltend machen.
Erzwingbare Mitbestimmung durch den Betriebsrat im BEM-Verfahren
Erzwingbare Mitbestimmungsrechte ergeben sich aus § 87 Abs.1 BetrVG. Besteht keine Verfahrensordnung für ein betriebliches Eingliederungsmanagement muss über alle Verfahrensfragen für jeden einzelnen Fall Übereinstimmung erzielt werden, da das Gesetz eine gemeinsame Klärung vorsieht. Das heißt, die Aufstellung einer allgemeinen Verfahrensordnung über eine Betriebsvereinbarung oder Dienstvereinbarung erleichtert den BEM-Prozess erheblich. Bei standardisierten Maßnahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagement kommen Beteiligungsrechte des Betriebsrates (nicht der Schwerbehindertenvertretung) nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG in Betracht.
Durch das Bundesarbeitsgericht anerkannte Mitbestimmungsrechte im betrieblichen Eingliederungsmanagement
Die durch das Bundesarbeitsgericht anerkannte Mitbestimmungsrechte im betrieblichen Eingliederungsmanagement beschränken sich auf allgemeine Verfahrensfragen aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, auf die Nutzung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG und bzgl. der Ausgestaltung des Gesundheitsschutzes nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Der Betriebsrat ist berechtigt, die mit dem Arbeitgeber vereinbarte Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden durchzusetzen und hat daher einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Maßnahmen, die gegen die Betriebsvereinbarung verstoßen, unterlässt.
(Weiterführende) Quellen:
Ifb – Institut zur Fortbildung von Betriebsräten GmbH & Co. KG:
Veröffentlichte Urteile des Bundesarbeitsgerichts seit 2010:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidungen/#entscheidungen
Fitting / Schmidt / Trebinger / Linsenmaier / Schelz: Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung (Kommentar)
Stöpel / Lange/ Voß (Hrsg.): Betriebliches Eingliederungsmanagement in der Praxis
Mehr zu unseren externen betrieblichen Eingliederungsmanagement aus Kassel für Nordhessen, Melsungen, Baunatal, Göttingen, Marsberg, Winterberg, Fulda, Hannover, Frankfurt und bundesweit:
https://2benefit.de/externes-bem-verfahren/
Fotos: © Manfred Baumert / Kassel, 2023
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Wir bieten Unternehmen deutschlandweit den kompletten Ablauf eines betrieblichen Eingliederungsmanagements mit professionellen BEM-Gesprächen im gesamten Ablauf des externen BEM-Verfahrens an. Damit unterstützen wir das betriebliche Gesundheitsmanagement unserer Unternehmenskunden beim Eingliederungsmanagement, der beruflichen Rehabilitation und beruflichen Reintegration. Wir sind auch externer BEM-Anbieter für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die nicht über ein betriebliches Gesundheitsmanagement verfügen. Damit leisten wir einen Beitrag für mehr Gesundheit im Betrieb, gegen den Fachkräftemangel und Fachkräfteverlust, für mehr Mitarbeiterbindung, verringern Fehlzeiten, verkürzen Zeiten der beruflichen Rehabilitation und stehen zur BEM-Maßnahmeplanung und Umsetzungsberatung bei betrieblichem Eingliederungsmanagement zur Verfügung.
Externes betriebliches Eingliederungsmanagement, auch mit Schwerpunkt auf erkrankte Führungskräfte und BEMpsy, bieten wir deutschlandweit an. Die 2benefit GmbH Personalberatung Kassel mit ihrem betrieblichem Eingliederungsmanagement hat ihren Unternehmenssitz mit Kassel in der Mitte Deutschlands, der Region Nordhessen, Mittelhessen, Südniedersachen und den Hochsauerlandkreis, Kassel und Landkreis, Schwalm-Eder-Kreis, Werra-Meißner-Kreis, Waldeck-Frankenberg, Kreis Hersfeld-Rotenburg, Marburg-Biedenkopf mit ihren Zentren Bad Hersfeld, Melsungen, Niestetal, Korbach, Baunatal, Fulda, Göttingen, Marsberg, Brilon und Winterberg.
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